Ein Ausflug nach Sri Lanka

Im Januar flog ich von Madurai in Tamil Nadu nach Sri Lanka. Ich war noch nie dort gewesen und wusste überhaupt nicht, was mich erwarten würde. Mein Flugzeug mit Sri Lankan Airlines landete am Nachmittag in Colombo und von dort aus nahm ich ein Taxi zum Colombo Fort, dem zentralen Geschäftsviertel in der Nähe des Hafens, wo die Portugiesen bereits im frühen 16. Jahrhundert gelandet waren. Ich hatte ein preisgünstiges Zimmer im Grand Oriental Hotel gebucht, einem Drei-Sterne-Hotel in einem historischen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Das feudale Foyer mit seinen antiken Möbeln vermittelte sofort einen Eindruck der früheren Pracht dieses Hotels.

Zu meiner freudigen Überraschung erhielt ich ein Upgrade in eine der beiden berühmten Hotelsuiten und wohnte fürstlich in einer riesigen Wohnung, die außer dem mit großzügigen Bettpfosten versehenen Schlafzimmer noch ein Wohnzimmer, ein Esszimmer, sowie ein großes Bad mit Wanne aufwies. Meine Unterkunft war in der Jose Rizal Suite. Dr. Jose Rizal war ein philippinischer Nationalist und Schriftsteller gewesen, der sich für politische Reformen der spanischen Kolonie eingesetzt hatte. Er hat hier irgendwann im Jahre 1882 übernachtet. Nebenan befand sich die Suite von Anton Tschechow, der dort im Jahr 1890 fünf Tage lang gewohnt hatte, als er an seinem Roman „Gusev“ arbeitete.

Nach dem Einchecken begab ich mich in das Restaurant im 4. Stock, um eine Mahlzeit mit einem Bier, sowie den Panoramablick auf den alten Hafen zu genießen. Das Restaurant servierte auch ein tolles Frühstücksbuffet, so dass ich am nächsten Morgen wieder kam, um einige traditionelle srilankische Köstlichkeiten zu probieren. Ich liebte einfach den Charme dieses urigen Hotels!

Nach dem Frühstück spazierte ich zum nahe gelegenen Pettah, einem Viertel mit lebhaften lokalen Märkten, wo sich auch der Hauptbahnhof der Stadt befindet. Mein Spaziergang führte mich an historischen Gebäuden der Altstadt vorbei, die im starken Kontrast zu den modernen standen, wie etwa dem World Trade Center von Colombo (das an die ehemaligen beiden Türme von New York erinnert).

Es war kein Problem ein Zugticket der 2. Klasse nach Galle zu lösen und somit entschied ich noch am selben Morgen weiterzureisen. Allerdings überraschte es mich, dass es keine Sitzplatzreservierungen gab. Naiverweise ging ich davon aus, dass diese in den Zügen Sri Lankas vielleicht nicht nötig seien. Vielleicht gab es ja stets genügend Sitzplätze … Ich wurde bald über die wahren Verhältnisse aufgeklärt und bereute es mir Illusionen gemacht zu haben. Als der Zug ein paar Stunden später in den Bahnhof einrollte, schaffte ich es nur deshalb in den Zug einzusteigen, weil ein großer junger Russe freundlicherweise zuerst meinen Koffer in den Zug schmiß und mich dann in das Gemenge hinterher quetschte. So reisten wir drei Stunden lang auf engstem Raum im Korridor mit etwa 12 anderen Personen zusammengefercht. Im Gegensatz zu dem russischen Paar hatte ich es nie geschafft bis zum Abteil vorzudringen.

Irgendwann kam eine Frau im Rollstuhl an die Tür unseres Wagons und schlug wild mit einem Stock um sich, um in den Zug einzusteigen. Es gab dort, wo wir standen, nicht einmal Platz, unsere Füße zu bewegen, und ich hatte Angst das Gleichgewicht zuverlieren und in die Menge zu stürzen. Die behinderte Frau erhob sich gekonnt aus ihrem Rollstuhl auf die Stufen des Zuges, faltete den Rollstuhl dann zusammen und schob ihn in den Zug hinein. Eine Stunde später begann sie sich zum gegenüberliegenden Ausgang zu drängeln, wobei sie sich nicht vor Anwendung von Gewalt scheute und wieder mit ihrem Stock auf die Füße der Mitreisenden einschlug. Es gab keinerlei Möglichkeiten sich zu bewegen (zumindest glaubte ich das). Die Frau geriet in Panik und brach in Tränen aus, als der Zug anhielt. Es war ihre Haltestelle und sie musste aus dem Zug aussteigen. Einige der Mitreisenden erbarmten sich ihrer und halfen ihr aus dem Zug zu kommen und reichten ihr ihren Rollstuhl und ihr Gepäck.

Ich war froh, dass sie es geschafft hatte, und bewunderte ihren Mut. Sie war eineKämpferin, die trotz ihrer Behinderung gelernt hatte, die Bedingungen in diesem überfüllten Zug zu überstehen (ich fand später heraus, daß dieser Zug übrigens fast immer überfüllt ist).

Ich war wirklich erleichtert als ich endlich in Galle aus dem Zug stieg. Die hilfsbereiten Russen schoben meinen Koffer zum Ausgang und stiegen zusammen mit einer Belgierin aus, um ihre Weiterfahrt lieber per Taxi zu machen. Diese Erfahrung sollte mir jedoch eine Lehre sein und hat mich davon abgehalten, jemals wieder öffentliche Verkehrsmittel in Sri Lanka zu benutzen, da ich außerdem noch viele Horrorgeschichten über überfüllte Busse gehört habe.

Galle war jedoch ein idealer Ort, um sich von dieser Strapaze zu erholen und die Seele baumeln zu lassen. Galle ist ein UNESCO-Weltkulturerbe an der Südwestküste Sri Lankas. Als alter Handelshafen wurde die Stadt erstmals im 16. Jahrhundert von den portugiesischen Kolonisten befestigt. Später wurde sie von den Niederländern und den Briten übernommen.

Ich hatte ein preisgünstiges Zimmer bei einer Familie gebucht, zu dem man durch eine versteckte enge Gasse gelangte. Mein Zimmer verfügte über einen kleinen Balkon, auf dem man abends sehr angenehm bei einem Bier sitzen konnte.

Ich verbrachte die Tage mit Spaziergängen an den Strandpromenaden die von den alten Festungsmauern und dem Leuchtturm gesäumt waren und erkundete die engen Gassen mit den schicken Boutiquen und stilvollen Coffeeshops. Mein Lieblingsort war jedoch ein einfaches Lokal in der Nähe des alten Tors, wo ich authentische vegetarische Gerichte wie String Hoppers (Idiyappam) und feine Reisnudeln mit Curry und Kokosnuss-Sambol (aus frisch geraspelten Kokosnüssen mit Chilis, Limetten, Zwiebeln und manchmal Tamarinde angerichtet) zum Frühstück schlemmte oder das srilankische Grundnahrungsmittel „Reis mit Curry“ zum Mittagessen genoß, ganz zu schweigen von den köstlichen Kokosrotis und typischen Streetfood-Snacks wie zum Beispiel die Gemüse-Samosas.

Eine zweistündige Thukthuk-Fahrt führte mich weiter östlich an der Südküste entlang zu meinem nächsten Ziel. Dies befand sich in der Nähe der Strände und Backwaters von Netolpitiya, das ich wegen seiner relativen Abgeschiedenheit ausgewählt hatte, da die Südwest- und Südküste Sri Lankas auch die Gebiete sind, die am meisten vom Tourismus erschlossen sind.  Hier fand ich einige spektakuläre und fast menschenleere Sandstrände, umgeben von Kokospalmen.

Ebenso beeindruckend waren die Teiche und Backwaters voller Wasservögel und Schildkröten. Ich verbrachte mehrere Tage damit, die Pfade dieses ruhigen Ortes zu erkunden und genoss es, die Wasserbüffel, Eisvögel und Reiher im Sumpfgebiet vor meinem Gästehaus zu beobachten oder etwa die Affen, die oft in den Garten meiner Pension kamen.

Eines Nachmittags besuchte ich den buddhistischen Tempel im Nachbardorf. Es war sonst keine Menschenseele dort und es herrschte eine himmlische Ruhe. Generell war ich von dem Pflanzenreichtum der ganzen Region beeindruckt.

Ich verbrachte insgesamt nur 12 Tage in Sri Lanka – kaum genug, um einen ersten Eindruck von Land, Kultur und Leuten zu bekommen. Ich war jedoch von der Schönheit und Ruhe der Insel begeistert.

Eine weitere abenteuerliche Thukthuk-Fahrt brachte mich zurück nach Galle, von wo aus ich ein Taxi zu einem Gästehaus in der Nähe des Flughafens von Colombo nahm, denn am nächsten Morgen ging es in aller Frühe mit dem Flieger zurück nach Indien. Ich hoffe, dass ich irgendwann meine Abenteuer in Sri Lanka  fortsetzen kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert